Erinnern Sie sich noch an den Transrapid? Dieses Verkehrsmittel, das im Emsland erprobt und 2006 nach einem schweren Unfall mit 23 Toten für die meisten Bürger beendet wurde? Der Bürger von heute kennt diesen fast nur noch von den Wikipedia-Einträgen, die nicht so bewundernswert klingen.
Erst mit etwas Abstand und mit anderen Quellen wird klar, dass es sich eigentlich um den Ersatz von Kurzstreckenflügen gehandelt hat, denn mit 400 bis 600 km/h sind die Reisezeiten zwischen deutschen Metropolen kürzer als alle Flugzeiten, wenn man so fair ist und deren Sicherheitscheck mit einbezieht. So verkommt die Transrapididee als Flughafenzubringer fast zu einem Treppenwitz, ohne dass es jemand bemerkt.
Ich habe den Transrapid 2004 in der chinesischen Ausführung „Maglev“ mit seinen mehr als 400 km/h als Fahrgast genutzt und war begeistert, wie schnell diese alte Technik fahren kann.
Leider ist die Nachfolgetechnik in China wieder (Eisenbahn-)schienen geführt, also fast klassisch, wenn man von der sehr guten Strukturierung und Ausführung mal absieht. Die etwa 300 km/h schnellen Züge fahren auf extra Gleisen aufgeständert oberhalb des Bodens, frei von Störquellen und anderen Zügen und landen in extra Terminals, die nichts mit unseren aus dem 19. Jahrhundert stammenden Bahnsteigen zu tun haben. Dies wäre eine ideale Ersatzlösung für die prinzipbedingt schlechten ICEs in Deutschland.
Baukosten sind ein heikles Thema, weil sich angeblich die örtlichen stets besonders schwierigen Gegebenheiten nicht auf andere Bauprojekte übertragen lassen. Es kursieren folgende Zahlen, die ich so nenne: • Straßenbahn 8 bis 12 Millionen Euro je km, wobei die Stadt Bremen 2021 für kaum 2km etwa 50 Millionen Euro ausgeben will! • Monorails in einfacher Technik nach eigener Schätzung ca. zwei Millionen Euro je km aber mit stark fallender Tendenz wenn ein freier Markt vorhanden sein würde; • Magnetschwebebahnen aktuell etwa 30 Millionen Euro je km ; • ICE-Strecke ohne Tunnel etwa 50 Millionen Euro je km; • U-Bahn 60 bis 80 Millionen Euro je km.
Die Betriebskosten sind übrigens für Gleise teurer als Asphalt, so ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW 2007). So liegen die Unterhaltungskosten pro km Schiene bei 312.000 Euro pro Jahr, im Vergleich dazu kostet der km Fernstraße 203.000 Euro. Zitat und Quelle: „Die zugrunde gelegte Methodik basiert auf den Grundzügen der Wegekostenenquête des Bundesverkehrsministeriums und berücksichtigt neue Erkenntnisse aus der internationalen Forschung insbesondere zur Kostenallokation. Sie ist international vergleichbar und genügt den Anforderungen der EU-Wegekostensichtlinie 2006/38/EG Link zum diw
Die Monorails müssten im Betrieb deutlich preiswerter als die anderen Systeme sein, da die bewegten Massen geringer sind und autonome Bewegungen vorgesehen sind.
Falls Sie Baukosten vergleichen möchten, wundern Sie sich bitte nicht über die sehr unterschiedlichen Angaben, teilweise auch in „Infrastruktur-Investitionsbedarf um einen Personenkilometer pro Jahr“, eine Zahl, die sich durch die erwarteten Nutzer pro Tag erheblich variieren lässt um so Baukosten zu verschleiern.
Das Denken der 1990er-Jahre spiegelt folgende Unterlage von der Arbeitsgemeinschaft Naturwissenschaften (AGDN) aus dem CDU-Umfeld gut wieder, die 1994 entstand und 1996 bis 2010 im Internet zu finden war und welches ich hier stark verkürzt wieder gebe:
´ Der Transrapid ist ein sinnvolles öffentliches Personenverkehrsmittel auf Strecken von 200 km bis 2000 km zur Verbindung von Ballungszentren und Personenverkehrs-knotenpunkten.
Die relativ kleinen Einheiten des Transrapid, die hohe Durchschnittsgeschwindigkeit, zu der neben der Spitzengeschwindigkeit insbesondere auch das hohe Steigungs-, Beschleunigungs- und Bremsvermögen der Magnet-schwebebahn beitragen, ermöglichen selbst beim Einsatz nur relativ weniger Fahrzeuge eine Verbindung alle zehn Minuten. Durch diese hohe Zugfolge erledigt sich das Problem zeitlich gut abgestimmter Anschlüsse an andere öffentliche Verkehrsmittel (Bahn, Flugzeug) von selbst, sodass auch Fernreisende von weit östlich oder südlich von Berlin oder weit westlich oder nördlich von Hamburg vom Transrapid profitieren.
Damit wird erstmalig bei einem Fernverkehrsmittel eine individuell bestimmte Abfahrtszeit möglich mit einem Freiheitsgrad, den man bislang nur vom PKW her kannte. Das Stressproblem (Zuspätkommen, Zug verpassen) wird verringert.
Aufgrund der hohen Reisegeschwindigkeit und Zugfolge bringt der Transrapid im Vergleich zum Auto selbst dann einen Zeitgewinn, wenn weite Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den zentralen Haltestellen zurückgelegt werden müssen. Der Transrapid ist in großen Teilbereichen eine sinnvolle Alternative zum Passagierflug, zur Luftfracht und zur Luftpost, er trägt wesentlich zur Reduktion des Flugverkehrs im Kurz- und Mittelstreckenbereich und zur Minderung der Schadstoffemissionen bei. Der Mobilitätswunsch des Menschen kann auf ökologisch sinnvolle Art und Weise befriedigt werden. Hinsichtlich des Lärms ist der Transrapid bei 200 km/h leiser als eine langsame S-Bahn, es genügt, ihn im Stadtbereich auf diese noch immer sehr hohe Geschwindigkeit abzubremsen.
Durch die erhöhte Mobilität wird es immer einfacher möglich, innerhalb Europas auch große Strecken zurückzulegen. Insofern leistet der Transrapid einen zukunftsgerichteten Beitrag zur Völkerverständigung. Es sollte der Technologieregion Deutschland, dem oft geschmähten Durchgangsland, eine Ehre und Verpflichtung sein, seinen Gästen und Durchreisenden auf beste und schnellstmögliche Art die Reise zu ermöglichen. Warum sollte es nicht möglich sein, dass ein Geschäftsreisender aus Madrid per Transrapid nach Warschau reist, dabei eine Stunde in Frankreich anhält zu einem (Wie-Gott-in-Frankreich)-Mittagessen und anschließend bei Kaffee und Kuchen in Berlin irgendeine verrückte Kunstausstellung genießt und zum abendlichen Buffet in Warschau eintrifft?
Hinsichtlich Reisegeschwindigkeiten, Reiseentfernungen und Transportgewichten schließt der Transrapid die große Lücke zwischen Bahnverkehr und Luftverkehr, entlastet beide von Betriebszweigen mit ungünstigen Betriebsbedingungen (Höchstgeschwindigkeitsverkehr der Bahn, Kurzstrecken-flüge der Luftfahrt) und setzt überproportional Kapazitäten der Bahn für den Regionalverkehr und den Güterverkehr frei, sowie Luftfahrtkapazitäten für Langstreckenflüge.
Der Weltmarkt hat heute einen großen Bedarf an Hochgeschwindigkeitszügen. Der in Deutschland zur Serien-Produktionsreife entwickelte und getestete Transrapid hat die Voraussetzungen, einen erheblichen Marktanteil zu gewinnen, wenn er rechtzeitig die Möglichkeit zur Bewährung im alltäglichen Einsatz erhält. Ob die im März 1994 von der Bundesregierung beschlossene Strecke zwischen Berlin und Hamburg die beste Variante ist, darüber lässt sich streiten, sinnvoll wäre auch eine Strecke von Köln/Bonn nach Berlin. Aber sicher ist, dass weder die genannte Alternative noch eine andere Strecke genügend Vorzüge hat, um die einmal getroffene Entscheidung umzustoßen: "Wer den Fortschritt will, der darf ein Entscheidungsfindungsverfahren nicht zu lange im Schwebezustand belassen und muss eine nach besten Wissen und Gewissen getroffene Entscheidung zielstrebig umsetzen." `
Soweit ein Text, der schon ein Vierteljahrhundert alt ist, dessen Autoren in den verschiedensten Ecken Deutschlands arbeiten und die Politik noch aufmerksam verfolgen. Was ist daraus geworden? Nichts. Die Transrapidstrecke Hamburg-Berlin wurde kurz vor Beendigung des Planungsverfahrens im Jahr 2000 aufgegeben. Die Begründung waren erhebliche Kostensteigerungen von 4,5 Milliarden (Mrd.) Euro 1993 auf etwa 7,5 Mrd. Euro; man munkelte von sogar von 10 Mrd. Euro. Insbesondere der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn betonte, dass er keinen Sinn in der Investition von 12 Mrd. DM für 20 Minuten Fahrzeitgewinn sehe. Seltsamerweise tauchte das gleiche Argument bei Stuttgart 21 wieder auf, diesmal für das Bauprojekt!